Nicht nur in Wahlkampfzeiten erleben viele Amts- und Mandatsträger:innen in Bayern Anfeindungen, Drohungen und sogar Angriffe. Diese Entwicklung ist eine ernsthafte Bedrohung für unsere Demokratie. Deshalb frage ich bei der Staatsregierung regelmäßig nach, wie sich politisch motivierte Straf- und Gewalttaten entwickelt haben.
Die mir in diesem Jahr vorliegenden Antworten zeigen: Die Zahl solcher Taten bleibt auf einem beunruhigend hohen Niveau! Im Jahr 2024 wurden 886 politisch motivierte Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger:innen registriert. Das ist zwar ein Rückgang gegenüber den Vorjahren – 2023 waren es 1.013 und 2022 sogar 1.081 – doch die Zahlen bleiben alarmierend hoch. Besonders häufig handelte es sich dabei um Beleidigungen, Verleumdungen, Sachbeschädigungen und Volksverhetzung. Hinzu kommen 40 Gewalttaten, darunter Erpressungen, Körperverletzungen und Angriffe auf Fahrzeuge. Insgesamt wurden 49 Amts- und Mandatsträger:innen Opfer solcher Delikte. Besonders besorgniserregend ist, dass 86 % dieser Taten aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger:innen, Querdenker:innen und Verschwörungsideologen stammen. Das Bayerische Landeskriminalamt führt diese Delikte jedoch häufig unter der Kategorie „sonstige Zuordnung“. Diese Einstufung verschleiert, dass viele Täter:innen aus eindeutig verfassungsfeindlichen Milieus kommen oder der extremen Rechten nahestehen. Allein 139 Delikte konnten eindeutig der Reichsbürger:innen-Szene zugeordnet werden – darunter auch ein Großteil der Gewalttaten. Das zeigt aus meiner Sicht ein strukturelles Problem: Wer demokratische Vertreter:innen angreift, handelt politisch motiviert. Wenn solche Taten nicht klar erfasst werden, fehlt uns ein realistisches Lagebild. Die Erfassungskriterien müssen dringend reformiert werden, damit der Ursprung der Bedrohung endlich beim Namen genannt wird.
Auch bei der Strafverfolgung besteht erheblicher Nachholbedarf. Zwar konnten 610 Tatverdächtige ermittelt werden, doch es bleibt unklar, wie viele dieser Verfahren überhaupt zur Anklage oder Verurteilung geführt haben. Bei den 40 Gewalttaten kam es gerade einmal in neun Fällen zu einer rechtskräftigen Verurteilung oder zu einem Strafbefehl. Gleichzeitig bleibt das 2020 eingeführte Online-Meldeverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft München weitgehend unbekannt. Nur 195 Politiker:innen in Bayern haben bislang Zugang. Seit der Einführung wurden lediglich 257 Fälle auf diesem Weg gemeldet. Für mich ist klar: Wer sich für unsere Demokratie engagiert, verdient den Schutz unserer Institutionen. Die bayerische Staatsregierung muss handeln. Wir brauchen eine zentrale Anlauf- und Meldestelle für bedrohte Amts- und Mandatsträger:innen. Das bestehende Online-Meldeverfahren muss bayernweit bekannt gemacht und allen Betroffenen zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus sollten bei allen Staatsanwaltschaften spezialisierte Ansprechpersonen geschaffen werden, die sich gezielt um Fälle von Hasskriminalität gegen politische Amtsträger:innen kümmern. Die Demokratie lebt vom Engagement vieler. Dieses Engagement zu schützen, ist eine staatliche Pflicht.